09 Januar 2025

IN RUBEUM FILUM

 






IN RUBEUM FILUM 
(der rote Faden) 



Im Dunkel der tiefgründig endlosen Schlucht 
Wo Sterne verblassen in nächtlicher Flucht 
Ein Wand'rer hält zitternd den Blick auf den Grund 
Dort wo Nebel wie Geister die Tiefe umrund' 

Kein Ausweg in Sicht 
Kein Funke 
Kein Leuchten 
Kein rettendes Licht 
Doch dort 
Ein Glimmen in leuchtend Rot 
Das Blut im Herzen mit Schrecken droht 

Ein Faden so zart und doch seltsam fest 
Hing dort wo die Hoffnung ihn niemals vermess’t 
Der Mensch zog ihn mit bebender Hand 
Sein Schicksal daran wie ein unsichtbar' Band 

Er klammerte sich an seidigen Strang 
Und hörte des Abgrunds bedrohlich' Geang 
Doch je höher er stieg und je weiter er kroch 
desto heller erschien ihm das Leben 
Jedoch 

Der Faden begann in der Tiefe zu schwinden 
Sein Anfang verging 
Niemand konnt' das Ende mehr finden 
Doch siehe im Glanz des aufgehenden Lichts 
Erblickte er Neues 
Den Kreislauf des Nichts 

Der Faden zerriss und ein Sturm brach herein 
Doch war es kein Ende 
Nur Wandlung allein 
Er fiel nicht hinab 
Er erhob sich im Wind 
Dort wo Welten zerrinnen und eine Neue beginnt 

So lernt er staunend im Tanz mit dem Tod 
Dass ein Rot nicht nur Gefahr ist 
Auch Schöpfung und Brot 
Der rote Faden ganz zart und auch fest 
Wurd' Rettung und Abschied 
Ein ewiges Fest 

Dort wo Altes vergeht wird Neues geboren 
Im Drehen und Wenden geht Zeit nie verloren 
Ein Faden der endet 
Webt dennoch ein Band 

Der Kreis bleibt bestehen 
Von Hand zu Hand 




© Text & Bild by HerrWortranken    

016 |2025| ©HW