30 Januar 2025

dada versus realität

 
Bild by KI, man erkennt, dass der KI ebenfalls schlecht geworden ist 




dada versus realität 



Heute ist ein trüber Morgen, als ich das Café betrat. Draußen ziehen graue Wolken über den Platz. Der Regen hatte den Asphalt dunkel gefärbt. Ich bestellte einen doppelten Espresso, schlug die Zeitung auf und sah das Gesicht auf der Titelseite. Merz. Wieder einmal. 

Ich lehnte mich zurück und seufzte. "Denk ich an Merz an diesen Tag…", murmelte ich.
"Erinnert nichts an Kunst, so ich sie mag", ergänzte eine Stimme neben mir. 

Ich drehte mich zur Seite. Eine Frau mit kastanienbraunen Haaren und scharf geschnittenen Zügen sah mich herausfordernd an. Sie hielt eine zerlesene Ausgabe von Brechts Gedichten in der Hand. 

"Sie zitieren mich?" fragte ich überrascht.
"Ihr Gesicht hat es mir verraten." 

Sie lachte trocken, blätterte in ihrem Buch und fuhr fort:
"Ich denk an einen Haufen Scheiß, an faschistoides Geistgeschmeiß." 

Ich grinste. "Dann sitzen wir wohl im selben Boot." 

Sie nippte an ihrem Kaffee. "Und was machen Sie mit Ihrer Wut?" 

Ich sah hinaus auf die Straße. Menschen eilten vorbei, Schirme aufgespannt, die Köpfe gesenkt. Die Stadt war voll von Stimmen, doch viele schwiegen. 

"Ich schreibe", sagte ich schließlich. 

Sie nickte anerkennend. "Dann schreiben Sie weiter. Worte können mehr bewegen, als Sie denken." 

Ich betrachtete sie einen Moment. Dann nahm ich mein Notizbuch zur Hand. Während draußen der Regen fiel, setzte ich den Stift an. 




© Text by HerrWortranken      

051 |2025| ©HW          

17 Januar 2025

ALTER TRÄGT JUGEND

 









Alte Bank und junge Frau


In einer stillen Parkecke stand eine alte Holzbank. Die Oberfläche war rau und von der Witterung gezeichnet. Ihre Schrauben knarrten, wenn sich jemand niederließ. Jahrzehnte hatte sie schweigend die Jahreszeiten überdauert. Das Kommen und Gehen unzähliger Menschen ertragen.  Es waren herumtollende Kinder und alte Menschen, die über ihren Lebensabend sinnierten. Doch die Bank hatte nie eine Stimme, keine Wahl und kein Urteil, bis Sie eines Tages kam. Die junge Frau mit ihrer schweren Last. 

Es war ein grauer Herbsttag, als sie zum ersten Mal erschien. Ihr Gesicht war von Sorgen gezeichnet. Die Schultern hingen tief  und in ihren Augen schimmerte etwas, das die Bank nur allzu gut verstand – Müdigkeit. Ohne ein Zögern ließ sie sich nieder, genau in der Mitte, dort wo das Holz bereits glatt und eingesessen war. Ein schwerer Seufzer entwich ihr, während sie einen abgenutzten Rucksack auf den Boden stellte. 

Die Bank spürte, wie sie sich kraftlos auf dem alten Holz nieder setzte. Es war, als würde die Last, die sie trug, nicht nur die ihres Körpers war, sondern auch die ihrer Seele. In den folgenden Tagen wurde die junge Frau der Bank zur Gewohnheit. Sie erschien täglich, immer zur gleichen Zeit. Manchmal blätterte sie in einem zerknitterten Buch, das sie wiegend in den Händen hielt und mit leeren Augen anstarrte. Oftmals redete sie leise vor sich hin. 

Die Bank fühlte das Gewicht ihrer Worte. "Ich weiß nicht mehr weiter", flüsterte die Frau eines Abends, als die Sonne bereits hinter den Bäumen verschwand. "Es fühlt sich an, als würde ich zerbrechen." 

Die Bank, alt und weise, hätte antworten wollen. Doch sie konnte nur tun, was sie immer getan hatte, dasein. Sie trug, was die junge Frau nicht mehr tragen konnte. Ihre Risse schienen sich zu vertiefen, ihre Latten knarrten lauter, doch sie hielten. 

Eines Tages, mitten im Frühling, kam die junge Frau mit einem Lächeln. Es war ein kleines, feines fast unscheinbares Lächeln.  Doch die Bank spürte, daß es echt war. Die Frau setzte sich wie immer, aber diesmal war sie leichter. "Danke", flüsterte sie unmerklich, als spräche sie direkt zur Bank. 

Von diesem Tag an kam sie immer seltener. Und irgendwann blieb sie ganz fort. Doch die Bank fühlte keinen Verlust, sondern eine stille Zufriedenheit. Sie hatte all' das getragen, was getragen werden mußte und die junge Frau hatte gelernt auf eigenen Beinen zu stehen. 

Die Bank blieb an ihrem Platz, in der stillen Ecke des Parks, bereit für den Nächsten, der sie brauchen würde. Denn ihr Zweck war nicht zu klagen oder zu urteilen, sondern zu tragen. Die leichten und die schweren Lasten der Menschen. 


© Bild und Novelle by HerrWortranken       
033 |2025| ©HW        

11 Januar 2025

POSSIBILITATES

 




POSSIBILITATES 
(möglichkeiten)


Ein Sturm zog auf 
Die Erd' zerbrach 
Die Herzen kalt 
Die Nächte wach 
Ein Schleier lag auf Mensch und Land 
Der schwarze Rauch 
Vom Krieg entbrannt 

Glaub' nicht an expandierend' Zeiten 
Glaub' nicht an jene Lügenseiten 
Die Hoffnung streuen über uns
Sonst allzu schnell fühlt ihr den Rumms 

Die Straßen leer 
Die Wiesen grau 
Kein Kinderlachen 
Fern der Schau 

Doch plötzlich geht ein Vorhang auf 
Das Bühnenbild in Licht erstrahlt 
Ein Keim des Friedens 
Neu gemalt 

Die Menschen klatschten mit Verstand 
Der Hass die Angst 
Sind jetzt verbrannt 
Sie bauen Brücken über Gräben 
Ein neues Lied 
Ein neues Leben 

Glauben an manch' Möglichkeiten 
Die ein friedvoll' Herz entfacht 
Nur die Liebe hält zusammen 
Selbst im Dunkel einer Nacht 

Und so strahlte wieder Licht 
Welt vereint im Angesicht 
Frieden zog durch Land und Flur 
Hoffnung zählt 
Ganz schlicht und pur 



© Text by HerrWortranken     

022 |2025| ©HW       

09 Januar 2025

IN RUBEUM FILUM

 




IN RUBEUM FILUM 
(der rote Faden) 


Im Dunkel der tiefgründig endlosen Schlucht 
Wo Sterne verblassen in nächtlicher Flucht 
Ein Wand'rer hält zitternd den Blick auf den Grund 
Dort wo Nebel wie Geister die Tiefe umrund' 

Kein Ausweg in Sicht 
Kein Funke 
Kein Leuchten 
Kein rettendes Licht 
Doch dort 
Ein Glimmen in leuchtend Rot 
Das Blut im Herzen mit Schrecken droht 

Ein Faden so zart und doch seltsam fest 
Hing dort wo die Hoffnung ihn niemals vermess’t 
Der Mensch zog ihn mit bebender Hand 
Sein Schicksal daran wie ein unsichtbar' Band 

Er klammerte sich an seidigen Strang 
Und hörte des Abgrunds bedrohlich' Gesang 
Doch je höher er stieg und je weiter er kroch 
desto heller erschien ihm das Leben 
Jedoch 

Der Faden begann in der Tiefe zu schwinden 
Sein Anfang verging 
Niemand konnt' das Ende mehr finden 
Doch siehe im Glanz des aufgehenden Lichts 
Erblickte er Neues 
Den Kreislauf des Nichts 

Der Faden zerriss und ein Sturm brach herein 
Doch war es kein Ende 
Nur Wandlung allein 
Er fiel nicht hinab 
Er erhob sich im Wind 
Dort wo Welten zerrinnen und eine Neue beginnt 

So lernt er staunend im Tanz mit dem Tod 
Dass ein Rot nicht nur Gefahr ist 
Auch Schöpfung und Brot 
Der rote Faden ganz zart und auch fest 
Wurd' Rettung und Abschied 
Ein ewiges Fest 

Dort wo Altes vergeht wird Neues geboren 
Im Drehen und Wenden geht Zeit nie verloren 
Ein Faden der endet 
Webt dennoch ein Band 

Der Kreis bleibt bestehen 
Von Hand zu Hand 




© Text & Bild by HerrWortranken    

016 |2025| ©HW    

03 Januar 2025

CUPIO ET IMPLETIO

 
© netzfund



CUPIO ET IMPLETIO 
(sehnsucht und erfüllung) 



Ein einsam Herz schlägt 
In der Dunkelheit  gefangen 
Träumend in Nächten 
Verzehrend' Lieder aus Verlangen 

Im Traum erschien ein Angesicht 
So fern doch voller Glühen 
Ein strahlend warmes Himmelslicht 
Das nie zu nah ihm schien 

Am Tage suchte es umher 
in Tälern und auf Höhen
und fragte ob nicht irgendwo 
das Sehnen möge gehen 

Die Winde flüsterten zurück 
doch brachten keine Kunde 
So zog das Herz mit Hoffnungsblick 
durch Zeit und manche Stunde 

Bis einst in einer Mondennacht 
Am Ufer stiller Seen 
Ein fremdes Herz sich sacht genaht 
wie aus den selben Wehen 

Ein Wort 
Ein Blick 
So zart begann 
Das Schicksal sich zu fügen
Zwei Seelen trafen sich sodann 
Um ewig sich zu wiegen 

Das Sehnen wandelte Gestalt 
Ein Feuer ward geboren 
Die Nacht verging 
Der Morgen hallt 
Die Liebe nicht verloren 

Und jener Traum von Licht und Schein 
Ward zu der wahren Kunde 
Im Angesicht 
Im Lied 
Im Sein 
Verklang die Seelenwunde 

So lehrt das Herz in seinem Lauf 
durch wüsten Schmerz und Ringen 
Wer sucht der hält am Ende auf 
die Liebe mit den Schwingen 



© Text by HerrWortranken     
© bild by Netzfund 

005 |2025| ©HW      

01 Januar 2025

IGNORO

 
© by chatGBT




IGNORO 


Pralles Jahr du hehr' Erwartung 
Zeigst dich neu als Götterpracht 

Kann nicht wirklich widerstehen 
Deinen Reizen deiner Macht 

Die uns fest im Griffe weiß 
Die in Kälte uns macht heiß 
 
Großer Zwiespalt jetzt zu fühlen 
Ist der Wunsch 
In dir zu wühlen 

Wie in Falten 
Eines Weibes 
In der reifen Haut des Leibes 

Liebe nährt sich nur aus Sehnsucht 
Lebt sehr lange dann mit Wucht 




©Text by HerrWortranken      


002 |2025| ©HW