10 November 2017

endsonne (blackout gedicht)

impuls: "schreibt ein erasure/blackout gedicht
zu goethes abendsonne" 
Abendsonne
Betrachtet, wie in Abendsonne-Glut
Die grünumgebenen Hütten schimmern!
Sie rückt und weicht, der Tag ist überlebt,
Dort eilt sie hin und fördert neues Leben.
O ! daß kein Flügel mich vom Boden hebt,
Ihr nach und immer nach zu streben!
Ich säh’ im ew’gen Abendstrahl
Die stille Welt zu meinen Füßen,
Entzündet alle Höhn, beruhigt jedes Tal,
Den Silberbach in goldene Ströme fließen.
Nicht hemmte dann den göttergleichen Lauf
Der wilde Berg mit allen seinen Schluchten 
Schon tut das Meer sich mit erwärmten Buchten
Vor den erstaunten Augen auf.
Doch scheint die Göttin endlich wegzusinken;
Allein der neue Trieb erwacht,
Ich eile fort, ihr ew’ges Licht zu trinken,
Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht,
Den Himmel über mir und unter mir die Wellen.
Ein schöner Traum, indessen sie entweicht!
Ach, zu des Geistes Flügeln wird so leicht
Kein körperlicher Flügel sich gesellen.
Doch ist es jedem eingeboren,
Daß sein Gefühl hinauf und vorwärts dringt,
Wenn über uns, im blauen Raum verloren,
Ihr schmetternd Lied die Lerche singt,
Wenn über schroffen Fichtenhöhe
Der Adler ausgebreitet schwebt
Und über Flächen, über Seen
Der Kranich nach der Heimat strebt.
Johann Wolfgang von Goethe



endsonne 

grünumgeben weicht neues leben 
kein flügel hebt im abendstrahl 
die welt entzündet goldene schluchten 
das meer erwärmt den trieb 

ich trink den tag 
und unter mir ein flügel 
so leicht ist sein gefühl 
wenn raum verloren 
schroffe höhe über heimat strebt 


bild & text by: Herr Wortranken  

impuls: "schreibt ein erasure/blackout gedicht zu goethes abendsonne"